Insolvenzräumung eines Elektrogeschäftes
Nach 112 Jahren war es schließlich vorbei…
Das einst älteste Elektrogeschäft Badens, welches seit 1912 existierte, schloss nach 112 Jahren zum letzten Mal seine Türen. Nun steht die schöne Kleinstadt in Fahrrad-Reichweite ganz ohne Elektroladen da.
In den letzten Wochen standen einige ältere Geräte in den Regalen, die u.A. als Dekoobjekte präsentiert wurden, darunter Bandmaschinen, Radios, Videorecorder und Kameras. Alle gegen Gebot abzugeben.
Bedient habe ich mich an einer SONY Bandmaschine, einem Grundig-Radio und einem Fisher Betacord.
Viel mehr jedoch stachen mir die wunderschönen 70er-Raumklanglautsprecher „Grundig Audiorama“ ins Auge, die in der ehemaligen Multimedia-Abteilung von der Decke hingen, die nach dem Durchbruch von Streaming-Anbietern und dem damit verbundenen Einbruch der Nachfrage nach physischen Medien in eine Abteilung für Kaffeemaschinen, Küchengeräte und Zahnbürsten umfunktioniert wurde.
Wie ich nun mal so bin, konnte ich es letztendlich dann doch nicht lassen, mich zumindest mal nach diesen Lautsprechern zu erkundigen, die ich wirklich interessant fand. So bekam ich dann die Kontaktdaten zu einer Firma, die für die Insolvenzauflösung zuständig ist.
Der erste Besuch
Einige Tage und etwas Mail-Verkehr später, stand ich dann zusammen mit 2 Freunden an einem Sonntag Morgen im halb leer geräumten Verkaufsraum. Die Audiorama immernoch an der Decke, 4 Stück an der Zahl.
Nach sehr (sehr) langem Zögern und einem extrem schmerzhaften Blick auf mein Bankkonto…
…stand ich nun mit einem Schraubendreher in der Hand auf den Verkaufstischen und hing nach einander alle vier Lautsprecher von der Decke ab. Einen ausgiebigen Kampf mit den bröseligen, staubigen Deckenplatten später, lagen sie nun da. Die Grundig Audiorama 2000 inklusive drei Aufhängeketten und überraschenderweise fast allen Grundig-Emblemen, die sehr gerne mal abgefallen sind.
Der Spaß hatte allerdings auch einen extrem stolzen Preis: 800€! Was ich zu dem Zeitpunkt nicht wusste: Die Lautsprecher wurden nie in Blau verkauft. Es waren tatsächlich überlackierte schwarze Lautsprecher…
Jeder, der sich auch nur ansatzweise mit diesen Lautsprechern auskennt weiß, dass 800€ für 4 überlackierte Audiorama 2000 stark übertrieben sind.
Hätte ich auch nur die Lautsprecher bekommen, hätte ich das Angebot niemals angenommen. Aber es kam dann doch noch was dazu…
Schließlich bekam ich dazu noch die komplette Überwachungsanlage inklusive 20 Kameras, einem Recorder und dem Netzteil. Zwar waren die 20 Kameras fast alle Schwarz Weiß und hatten diesen typischen 90er Überwachungskamera-Look, allerdings waren viele unterschiedliche C-Mount Objektive verbaut, die sowohl noch für andere Zwecke verwendet werden können, als auch auf viele moderne Kamerasysteme passen.
Dabei blieb es aber nicht. Ich bekam dazu noch zwei extrem mittelmäßige Verstärker, ein paar Kleinigkeiten aus der Werkstatt und einen Haufen Kleinteilemagazine. Ich bin nun stolzer Besiter von quasi allen erdenklichen Widerstandsgrößen inkl. Leistungswiderständen, einem riesigen Inventar an Kondensatoren und einer großen Auswahl an Steckern und Adaptern (Über die ich extrem froh bin). Es ist einfach alles dabei. Von Neutrik XLR über RFT-Lautsprecherstecker bis hin zu BNC, Sub D in allen erdenklichen Größen und jeder menge Adaptern.
Sogar eine ältere aber ziemlich hochwertige Mikrowelle war noch dabei, die inzwischen ihren Platz im Gruppenraum der örtlichen Messdiener gefunden hat ;)
Nun, am Ende des Tages stand ich dann vom Staub der Deckenplatten bedeckt mit zwei voll beladenen Autos, einem schmerzhaft leeren Konto und einem Freund, der mir bei meinem Unfug geholfen hat vor dem Hintereingang vom Elektroladen und fuhr nach Hause.
Bereute ich den Kauf am Ende des Tages? Ja, schon ein bisschen… Es war jedoch nicht mein letzer Besuch.
Der zweite Besuch
Eigentlich wollte ich den Freitag danach nur nochmal kurz vorbei schauen, als der Geschäftsführer der Firma, die für die Ausräumung zuständig war auf mich zu kam und fragte, ob ich denn schon auf dem Dachboden gewesen sei.
Kurz zusammengefasst: Der Dachboden lieferte neben ein paar alten Kassen und Waschmaschinenzubehör dann doch nochmal ein paar kleine Überraschungen, die ich mir nicht entgehen lassen wollte.
Folgende Geräte habe ich mitgenommen:
- Ein Tektronix 2225 Oszi
- Einen Kathrein Messempfänger
- Ein 13,8v 50A Netzteil
- Einen Grundig Klirranalysator
- Einen Sony Walkman DD-33
Ein paar Geräte, die dann noch im Verkaufsraum standen habe ich auch noch mitnehmen dürfen:
- Einen Marantz CP230 Kassetten-Recorder
- Eine Grundig Bandmaschine
- Eine Grundig Plattenspieler-Kombination
Das alles am Ende des Tages für 50€! Ein mehr als fairer Preis, angesichts des Sammlerpreises von dem Walkman alleine, der sich alleine auf bis zu 200€-300€ beläuft. Ähnliches gilt für den Marantz.
Habe ich schlussendlich meine Investition von 850€ bereut? Nein, nicht mehr wirklich…
Jetzt geht es aber erst mal darum, die ganzen Sachen zu reparieren, auszusortieren und entweder selbst zu benutzen oder weiterzugeben.
Ich berichte weiter, wenn ich neue Erkenntnisse habe :)
Bis dahin
— Niklas Poteczin, 03/07/2024 03:41
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